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Schwäbische Zeitung
Ulm, 26. April 1994

Klangfluten und Teichesstille
Beifallumrauschte Premiere des Sinfonischen Blasorchesters Ulm im Kornhaus

Es ist gut so, daß die Ernte aus 30 Jahren "Ulmer Knabenmusik" im "Sinfonischen Blasorchester Ulm" weitergeführt und weitergepflegt wird. Über 50 Knaben von damals finden sich heute, in Beruf und Ausbildung stehend, zur aktiven musikalischen Probenarbeit zusammen. Sinfonischer Bläserklang erreicht rasch in einem kleinen Raum eine Klangstärke, die über 100 Dezibel liegt und damit gehörschädigend wirkt. Die jungen Musiker wären daher ihren Förderern sehr dankbar, wenn hier die Probenraumsituation verbessert werden könnte.
Windows, Word und Excel sind für sie zur Alltagssprache geworden. Ihre Lebenssituation prägt noch vorbehaltslose Offenheit und Zeitvergessenheit, ohne ständies Hinterfragen: Woher kommen wir, wohin gehen wir? Diese mobile-artige Flexibilität drückt sich auch in der ausgewählten Musik aus. Schwer fällt es hier den Hörern, vorwiegend Angehörige der Musikanten, diesen Stil ganz ehrlich durchzustehen und innere Konsequenzen daraus zu ziehen.
Auf den "Gedankenstrich" geht es im ersten Werk: Thinking, Remembering, Feeling und Being, schreibt Dana Wilson (1946), der amerikanische Komponist über die vier Sätze seiner Komposition "Piece of Mind". Langsam tröpfeln die Gedanken von Xylophon, helle Trompeten-Zikaden stören ihren Fluß, babylonische Gedankenverwirrung tritt ein, mit jerichogemäßer Bläserkraft alles unterjochend. In irrlichternen Nebelklang und Glockentöne weben sich unterhaltsame Collagen ein. Irgenwoher fängt ein Rhythmus an bestimmend zu werden - und entschwindet auch schon wieder im Klangschleier der Klarinetten. Unermüdlich braust Klangflut auf - und fällt zurück, ins Ungelöste. Ein O-Daiku-Orkan bricht über die vier Schlagzeuger herein, danach wieder Teichruhe, Stille und Sanftheit, mit der Libellen auf dem Wasser aufsetzen.
Dem ausgezeichneten virtous-eleganten Alt-Saxophonspiel von Dieter Kraus lauschten die Hörer im Konzert von William Schmidt (Jahrgang 1926). Stilistisch weisen Schmidts und Wilsons Kompositionen viele Parallelen auf. Assoziierend von der Wabenbeleuchtung des Saals werden musikalische Motive spotlichtartig beleuchtet. Stufenlose Beschleunigung wechselt mit Gummibanddehneffekten. Eine Adagio-Cantile mündet in ein großes Ostinato. Ein abrupt abbrechendes Fortissimo beendet für die Hörer und die Musiker, die Unzahl schwieriger Einsätze meistern, die nervige Strapaze.
Nach der Pause Ring frei für den "Herrn der Ringe", Johan de Meijs (1953) fünfsätzige Sinfonie Nr. 1. Die Komposition rankt sich um das geschwisterliche New-age-Volk der "Hobbits". Gandalf repräsentiert darin göttlich den Sitz der Weisheit, gegen Gollum-Smeagol, den Schleimer antretend, und ihn in den Abgrund der Schatten wünschend. Den Ort, den man hierzulande einmal Hölle nannte.
Große zauberhafte Fanfaren dann und archaischer Choralklang, strahlende Becken. Ein feuriger Ritt auf dem Zauberbesen, exotische Vogellaute der Klarinetten und Oboen, vieles erinnert an Mussorgsky einschließlich des fabelhaften hymnischen Schlusses. Ein hohen Lob an die eminent flexibel und genau musizierenden Instrumentalisten. Der Farbenreichtum der Holzbläser, die Eleganz des Blechs und die feinfühlig schlagenden Perkussionisten beeindrucken. Souverän Kreso Pascuttini am Pult, ihr Leiter, der sie mit großer Ruhe und Übersichtlichkeit durch die Konzertwogen steuerte.
Nicht als Konkurrenz, sondern als ein zusätzliches Angebot an sinfonischer Bl%auml;serliteratur in unserer Region will das "SBU" verstanden sein. Doch kein Kulturbetreibender wird darum herumkommen, nach der Länge der "Schlange" an der Kulturkasse zu schielen. Mit einer erklatschten Zugabe, der Wiederholung des fünften Ringsatzes schloß dieser beifallumrauschte, hervorragende Abend.
© 1997 SBU e.V.
Letzte Änderung am 02.05.97