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Südwest Presse
Ulm, 27. April 1994

Eine blühende Klangpracht
Das Sinfonische Blasorchester Ulm mit einem Auftritt im Kornhaus

Das Sinfonische Blasorchester Ulm steckt ja - an der Zeit seines Bestehends gemessen - noch in den Kinderschuhen. Vielleicht war dies und das Sommerwetter der Grund für den nicht gerade überwältigenden Publikumszuspruch beim ersten Konzert am Sonntag im Kornhaus. Aber diejenigen, die trotzdem den Weg dorthin gefunden hatten, konnten etwas erleben. Denn das SBU unter der Leitung von Kreso Pascuttini ist ein Orchester, das es in sich hat.
Das zeigte sich schon am ersten der drei aufgeführten Werke, die alle in diesem Jahrhundert entstanden sind, nämlich "Piece of Mind" von Dana Wilson. Der Komponist führt vor, was der menschliche Geist so alles kann: Bei "Thinking" beispielsweise stellte das SBU in einer spannungsvollen Steigerung eine musikalische Gedankenwelt vor, die sich aus einem einfachen Vier-Ton-Motiv entwickelt. Durch ihren transparente Gestaltung zeigten die Musiker deutlich, wie sich dieses Motiv durch den ganzen Satz zieht. In "Remembering" hingegen dürfen die Gedanken fortschweifen zu wehmütigen Liegetönen oder ein paar Takten Volkstanz.
Das SBU präsentierte sich als geschlossener Klangkörper mit einen manchmal überraschend sensiblen, beweglichen Innenleben, was nur vorhanden sein kann, wenn die "Chemie" zwischen den Instrumentengruppen stimmt. Bei "Piece of Mind" haben sich zudem die fünf Herren am Schlagwerk, die für ein zuverlässiges, rhythmisches Gerüst sorgten, sowie die Solooboe für die arabisch anmutenden Melodiebögen einen Beifallsklatsche extra verdient.
Dieter Kraus bewies sein Können im Konzert für Alt-Saxophon und Blasorchester von William Schmidt. Der Solist, zweimaliger Bundespreisträger bei "Jugend musiziert", verfügt über einen außerordentlich wandelbaren Ton, sein Spektrum reicht von warmgedeckt über intensiv bis aggressiv. Dazu warf Kraus eine große Menge Gestaltungsfähigkeit in die Waagschale. Doch stellenweise war diese leider nur erahnbar, weil das Orchester, mit vertrackten Rhythmen und phantasievollen Klanggebilden beschäftigt, den Solisten manchmal fast völlig verdeckte. Doch an Beifall mußte keinesweg gespart werden, vor allem nicht für Dieter Kraus.
J. R. R. Tolkiens berühmte Trilogie "Der Herr der Ringe" bildete die Vorlage für Johan de Meijs erste Sinfonie, die den ganzen zweiten Programmteil in Anspruch nahm. Aber nicht nur Tolkien-Kundige kamen auf ihre Kosten. Denn das Werk, das sehr bildhaft, fast plastisch komponiert ist, erzählt ganz eigenständig wie eine Filmmusik von den Wesen und Gestalten aus dem Auenland und dem Land Gondor. Bei der Charakterisierung des Zauberers Gandalf beispielsweise weht ein heißer sinfonischer Wind, wenn die Weisheit und Großzügigkeit des Magiers in einem erhabenen, fast hymnischen Motiv vorgestellt wird. Dabei hatte das Orchester ein weiteres Mal die Gelegenheit, eine blühende Klangpracht zu entfalten, ebenso wie bei der musikalischen Beschreibung des Elfenwaldes Lothlorien.
Eine solche Klangwirkung wäre bei einem Wesen wie Gollum fehl am Platze. Dem hinterhältigen, bösartigen Kriecher, der pausenlos zischelt, winselt und über den Verlust seines Schatzes jammert, gebühren vielmehr die weinerlichen Glissandi oder hohe, grelle Holzbläserfiguren, aus denen das SBU den krötenähnlichen Gollum modelliert. Nach der bedrohlichen Wanderung durch die Minen von Moria ist der letzte Satz wieder ein Kontrast: ein fröhlicher Volkstanz verherrlicht den Optimismus der Hobbits, eine Hymne mit strahlendem Blech den Edelmut des kleinen Volkes. Der Beifall für Dirigent und Orchester beweist: das war ganz große Klasse!
Angesichts der Tatsache, daß das Orchester sich noch als ein zartes Birkenpflänzchen versteht (ein solches bekam symbolisch Udo Botzenhart für seine Bemühungen überreicht) ist bei entsprechendem Dünger noch einiges zu erwarten. Und ohne eine Zugabe kam das SBU denn auch nicht davon.
© 1997 SBU e.V.
Letzte Änderung am 02.05.97