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Ulm, 24. März 2009
Mit Finesse und Wucht
"Carmina Burana" in der Pauluskirche
Das war eine packende Allianz: Der Oratorienchor und das Sinfonische Blasorchester Ulm führten Orffs „Carmina Burana” und zwei Appetithappen mit kluger Kontrastdramaturgie in der Pauluskirche auf.
Georg Linsenmann
Präzise und sicher: Das Sinfonische Blasorchester Ulm und sein Dirigent Douglas Bostock. Foto: Matthias Kessler
Wie einen Überfall intonierte das Sinfonische Blasorchester Ulm Alfred Reeds Konzertouvertüre, die so wie ein Vorschein auf den Orffschen „O Fortuna”-Urschrei wirkte. Eine effektvolle Fanfare, mit feinen Zwischentönen und ordentlich Drive serviert, deren „Viva Musica!” in Erwartung des Hauptwerkes wie der ausgeführte „Rührt die Saiten!”-Imperativ der „Carmina” klang.
Erst recht programmatisch sinnfällig Bob Margolis viersätziges „Terpsichore”, mit dem sich das Orchester nun schon in voller Orff-Besetzung zeigte, mit einer Harfe als Zugabe. Eine ausgreifende Praetorius-Paraphrase, die souverän die Jahrhunderte überspannte, zwischen tänzerisch lieblicher Renaissance und rauer Moderne, ätherischer Ferne und direkter Klangattacke pendelnd. Ein stilistischer Crossover, im dem sich die Brüche offen zeigen durften.
Und wie eine Verheißung wirkten Präsenz, Sicherheit und Courage, mit der das Orchester unter Douglas Bostock agierte. Mit viel Feinarbeit quer durch die Stimmen, mit detailreichem Tiefenklang, mit rhythmischer Präzision und dem Mut zum Kontrast, in dem kammermusikalische Finesse und sinfonische Wucht ihre je eigene Wirkung entfalteten.
Ein hochmusikalischer Kraftbeweis, dem der Oratorienchor nicht nachstand. So erklang der hitverkitschte Eröffnungschor frei von aller Routine und mit einer interpretatorischen Genauigkeit, die ganz unmittelbar aufhorchen ließ. Nicht plakativ schreiend, sondern unheimlich und unheilsschwanger tönt hier das „Fortuna”. Und selten nur erklingt der klagende Schlussteil so ambivalent – mit rebellischem Unterton, mit Aufbegehren gegen die Absurdität.
Wie frisch, wie existenziell packend, wie modern ist dieser Orff, dessen Nummern-Assemblage Douglas Bostock in einen einzigen großen Bogen packte. Vital und mit Umsicht in den Details, führte er Chor und Orchester durch die Extreme von laut und leise, setzte das Weiche gegen das Harte, die sirenenhaft-verführische Lyrik der Frauen gegen das tavernhafte Rabaukentum der Männer. In dieser Kontrastdramaturgie wurden die Extreme nicht nur in der Dynamik von Chor und Orchester wirksam, sondern auch in der Klangformung des von Friedrich Fröschle einstudierten Chores: ein seltenes Ereignis.
Zumal auch die Solisten auf der Höhe waren. Hélène Lindqvist mit lyrischem Schmelz, der durch den Kinderchor der Musikschule Neu-Ulm noch fragiler wirkte. Mit Wärme und Ingrimm gestaltete Bariton Kwang-Kuean Lee, dezent parodierend gab Tenor Hans Günter Dotzauer den gegrillten Schwan.
Final mitreißend wurden die vier letzten Nummern in einer ausholenden Klanggeste zusammengefasst, worauf ganz unmittelbarer Jubel ausbrach. Und darin steckte auch eine Spur Erlösung – von einer Hochspannung, in die die Zuhörer durch diese „Carmina Burana” versetzt worden waren. Lange, stehende Ovationen.
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