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Neu-Ulmer Zeitung
Neu-Ulm, 21. Oktober 2008

Die Not verleiht Flügel

Wilhelm Schmid

Ulm

Was andernorts leicht zu einer Katastrophe hätte werden können, wurde hier zu einem Konzerterlebnis der besonderen Art: Am Freitagabend erfuhren Dirigent Douglas Bostock und sein Sinfonisches Blasorchester Ulm, dass der Solist des Hauptwerks für ihr Konzert am Sonntag, der italienische Pianist Antonio Piricone, erkrankt war und nicht nach Ulm kommen konnte.
So musste man kurzfristig entscheiden, ob das Konzert überhaupt stattfinden sollte, aber das war laut Douglas Bostock keine Frage: „Wir hätten ja auch Hoch-Heidecksburg und ein Marsch-Potpourri spielen können“ - doch diese „Drohung“ nahm ihm bei seinem Einführungsvortrag im leider nur halb voll besetzten Einsteinsaal des Congress Centrums ohnehin niemand ab.
So galt es für die rund sechzig Damen und Herren, adäquaten Ersatz zu finden und diesen auch noch innerhalb eines einzigen Probentages einzustudieren. Und genau dabei zeigte sich die wahre Klasse des SBU: Mit dem „Children´s March“ von Percy Aldridge Grainger und den „Trois Notes du Japon“ - im Jahr 2001 von Toshio Mashima dem SBU gewidmet und von diesem uraufgeführt - wurde nicht nur Ersatz geschaffen, sondern auch ein faszinierendes Erlebnis in mehrfacher Hinsicht geboten: Zum einen präsentierte sich jeder Einzelne auf dem Podium bis in die Haarspitzen motiviert - eine solche Gelegenheit, sich als Spitzenkönner zu präsentieren, wollte sich niemand entgehen lassen - und zum anderen passten die „Ersatz“-Kompositionen geradezu wie angegossen ins Programm.
Dieses hatte den Titel „Wings“, also „Flügel“, und dieser Begriff stand nun in seinen beiden Bedeutungen immer wieder im Mittelpunkt, sei es als Bezeichnung für den Konzertflügel, der von Sachiko Ushikobo hervorragend gespielt wurde, oder als Symbol für die Naturverbundenheit, die als Oberbegriff über allen gebotenen Werken stand. Am Beginn stand „A Springtime Celebration“, wobei bereits Bostocks Erzählung von seiner ersten Begegnung mit dem Komponisten Alfred Reed faszinierte.
Überhaupt war es wieder einmal das Zusammenwirken von Einführungsvortrag und Konzert, was den besonderen Reiz des Konzertes ausmachte. Reeds Huldigung an den Frühling geriet den Damen und Herren mit ihrem Konzertmeister Hans-Peter Willer zu einem ersten grandiosen Beweis ihrer Leistungsfähigkeit. Vom Frühling ging es in den Herbst hinein: „Autumn in Heian-Kyo“, eine lyrische Naturschilderung der Herbstfarben in der alten japanischen Kaiserstadt von Tetsunosuke Kushida ließ ein Quintett von Holzbläsersolisten glänzen.
Dann ging es zu den „Ersatzwerken“: Graingers „Children´s March“ mit dem Untertitel „Über die Hügel in die Ferne“, im Original für Klavier und „Militärkapelle“ komponiert, wuchs sich zu einem grandiosen Vergnügen für alle Mitwirkenden und deren begeisterte Hörerschaft aus. Die folgenden „Notes du Japon“ - vom Orchester, das sie vor sieben Jahren uraufgeführt hatte, waren hier nur noch 18 Aktive dabei - vermittelten wiederum Naturerlebnisse vom Feinsten.
Der „Tanz der Kraniche“ setzt das Paarungsritual der „typisch-japanischen“ Vögel in faszinierende Musik und Klangeffekte um; der „Fluss im Schnee“ zeigt ein ruhiges Winter-Landschaftsbild, ehe mit dem „Feuerfest“ alles aufgeboten wird, um insbesondere unter Einsatz des Percussions-Registers ein ausgelassenes Sommerfestival zu schildern. Bravorufe und grandioser Applaus belohnten Douglas Bostock und sein Orchester für diese Spitzenleistung.
Nach der Pause kam die Sinfonie „Earth, Water, Sun, Wind“ von Philip Sparke zur Aufführung. Der Kontrast zwischen der energiegeladenen Präsentation der Erde und dem ruhig dahin plätschernden Wasser sowie die klangliche Darstellung der flirrenden Sommerhitze unter Arizonas Sonne hätten wirklich nicht vielfarbiger ausfallen können; man verfolgte sie geradezu mit atemloser Spannung.

Der Wind der Blasinstrumente
Ihre endgültige Steigerung erfuhr diese grandiose Huldigung an die Natur im Schlussteil „Winds“, womit nicht nur der Wind in seinen verschiedenen Spielarten gemeint war, sondern wo auch die Blasinstrumente - im Englischen ebenfalls „Winds“ genannt - alle ihre klanglichen Möglichkeiten in vollem Umfang präsentierten. Mit diesem Konzert gelang es Douglas Bostock zum einen, seinen eigenen Weltruf als Dirigent zu untermauern; zum anderen aber lieferten die Damen und Herren des Orchesters ein Paradebeispiel sowohl für ihre Flexibilität als auch für ihre dem Niveau ihres musikalischen Leiters angemessene Weltklasse.



Das Sinfonische Blasorchester Ulm hinterließ unter seinem Dirigenten Douglas Bostcok trotz Umdisponierung wegen kurzfristiger Erkrankung seines Solisten beim Konzert im Einsteinsaal des Congress Centrums einen hervorragenden Eindruck. Foto: wis

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Letzte Änderung am 2.11.2008