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Neu-Ulmer Zeitung
Neu-Ulm, 13. Mai 1993

Herr der Ringe in fünf Sätzen
Orchester der Ulmer Knabenmusik spielt drei sinfonische Märchen zum Muttertag

Zu ungewöhnlicher Konzert-Zeit, Sonntag abend um 18 Uhr, war der Kornhaussaal gut besetzt. Die Ulmer Knabenmusik, das heißt ihr neues "Sinfonisches Blasorchester" wollte Freude bereiten, und tat es offenbar, wie aus dem stürmischen Beifall nach ihren Darbietungen zu erkennen war, für eine Vielzahl beglückter Familien. Die Nußknacker-Suite op. 71a von Peter Tschaikowsky, achtsätzige Folge köstlicher Klangminiaturen, stand zu Beginn auf dem Programm. Sie bezauberte gleich in der vornehmlich auf Holzbläser und Saxophone beschränkten Instrumentierung ihrer zierlichen Ouvertüre, zu der dann, hervorstechend neben den Trompeten, beim kleinen Marsch das "hölzerne Gelächter" trat.
Glänzend disponiert, spürten die sehr beweglich agierenden jungen Bläser den Feinheiten der von Kreso Pascuttini klar offengelegten Partitur nach, wobei neben der Gewandheit mit der das geschah, die Dezenz des Ausdrucks gefiel. Die von James Curnow stammende Übertragung des Werks für Bläser erwies sich insgesamt als sehr glücklich, konnte lediglich im "Tanz der Rohrpfeifen" und im abschließenden Blumenwalzer nach vorangegangenen Glanzlichtern keine weitere Steigerung mehr aufbieten.
Sergej Prokofjews berühmtes Märchen "Peter und der Wolf" von Johan Pala geschickt für ein Nur-Bläser-Ensemble arrangiert, problematisch deswegen, weil ursprünglich das sinfonische Instrumentarium der Personencharakteristik diente, forderte eine ganze Reihe von Solisten mit Spezialaufgaben: so Flöte, Klarinette, Oboe sowie Fagott. Es gelang durch prächtige Präsenz und unaufdringliche Darstellung in Verbindung mit dem ebenfalls frisch und lebendig agierenden Sprecher Detlef Hering eine pulsierende Wiedergabe, der auch beim Gesamtklang nichts Schwerfälliges anhaftete. Pascuttini dirigierte den musikalischen Spaß mit klar führenden Bewegungen ohne Hang zur Sebstdarstellung.

Es war schon lange geplant, den Ehemaligen der Knabenmusik weitere Spielpraxis zu geben. In diesem Bemühen gelang es jetzt, im "Sinfonischen Blasorchester Ulm" das zu je vierzig Prozent aus diesen erfahrenen Bläsern und aus Fortgeschrittenen der Knabenmusik, dazu zwanig Prozent weibliche Mitgliedern besteht, Blasmusik gehobenster Form zu erarbeiten und die Sinfonie Nr.1, "Der Herr der Ringe" des holländischen Komponisten Johan de Meij, seines Zeichens erster Posaunist des königlichen Orchesters, zur Ulmer Erstaufführung zu bringen.
Das Werk schildert in fünf Sätzen Episoden aus der Romantrilogie von Tolkien, in der Zauberer Gandalf eine der Hauptpersonen darstellt. Grundlage ist eine durchgehend phantastisch-exotische Stimmung, die de Meij mit fließenden Farben der verselbständigten Stimmen erreicht. Überreich bedachtes Schlagzeug, Verwendung sich reibender Klänge, die mit pentatonischen Elementen kontrastieren, rhythmische Raffinessen im Gegensatz zu gefühlsvollen Lyrismen sind aufgeboten. Mit relativ einfachen Mitteln etwa, im vierten Satz mit ostinaten Rhythmen, gelingt die Aufrechterhaltung durchgehender Spannung im rhapsodischen Ganzen. Vielleicht um Breitenwirkung zu erzielen, mündet der Schluß, das allerdings weiterhin hervorragend instrumentiert, in die weitläufige Melodik der Filmmusik amerikanischer Provenienz. Mit dem herausragenden Dieter Kraus als Solisten am Sopransaxophon erreichte das bis auf kleine Abstriche mit reifen Könnern ihres Faches besetzte Sinfonische Blasorchester eine prägnante Wiedergabe eines großartigen Stücks, was mit jubelnden Beifall anerkannt wurde und auch dem anwesenden Norbert Nohe gezeigt haben dürfte, daß seine Aufbauarbeit reiche Früchte getragen hat.

© 1997 SBU e.V.
Letzte Änderung am 02.05.97