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Schwäbische
Ulm, 22. April 1998

Gute Bläser und drahtiger Gentleman
ULM/NEU-ULM - Die Arbeitsphase I/98 des Sinfonischen Blasorchesters Ulm mit zwei Probenwochenenden in Gerlenhofen fand ihren krönenden Abschluß beim Auftritt im Edwin-Scharff-Haus.

Von unserem Mitarbeiter Otto Mittelbach

Viele Blasmusikfreunde ließen sich die ausgefeilten Darbietungen konzertanter Blasmusik der Höchstufe nicht entgehen. Was GMD Douglas Bostock in der relativ kurzen Probenarbeit mit dem eigens zusammengestellten Ensemble vorwiegend junger Instrumentalisten aus der Ulmer Knabenmusik, aus den Blasorchestern der Umgebung, ja bis zum Bodenseeraum bewerkstelligte, das verdient höchstes Lob.
Der so drahtig wirkende Gentleman ist ganz sicher die richtige Persönlichkeit, leistungswilligen, nach Höherem strebenden Laienmusikern Wege zu weisen, sie mit der für normale Arbeit in den Kapellen unerreichbaren Literatur bekanntzumachen, Spielpraxis und Vortragskultur zu fördern, kurzum, sie in ein Spitzenorchester zu integrieren.
Soweit in den aufgelegten Stücken schwierige Soli gefragt sind, ist zwar oft deutlich zu spüren, daß Laien am Werk sind, der Tuttiklang jedoch weist bestechende Brillanz auf. Das klare Klangbild, das sinfonische Blasmusik verlangt, wird durch Einsatz fast durchwegs engmensurierter Blechbläser und stark erweitertes Holz - mit Piccoloflöte, Oboe, Englisch Horn, Alt- und Baßklarinette und Fagotten zu Saxophonen - erreicht, und auch das Schlagzeug ist mit Eigenklingern, Fellklingern und Geräuschinstrumenten stark vertreten.
Bezwingend schon der gestochen exakte Rhythmus in der prächtigen "Continental Overture" von Johan de Meij. In FisherTull's "Sketches on a Tudor Psalm" wird das Melodie-Thema in zahlreichen Variationen regelrecht zerstückelt, die Verselbständigung der Instrumente in hohem Maße erreicht. Toll, wie die Musiker auf die energischen Anweisungen reagieren. Wohltuend, daß nach diesem Feuerwerk die wunderbar weich ausgeformte Pavane aus der "Fête Galante" von Joseph Horowitz folgt. Das kecke Menuett daraus wird von Oboen- und Klarinettensoli bestimmt, und im "Bourée des Masques" steigern sich fetzige Einsätze durch immer stärkere Verdichtung zu furiosem Höhepunkt.
All das aber wird Übertroffen von Leonard Bernsteins unsterblichen Tänzen aus der "West Side Story", die in kongenialem Arrangement durch Ian Polster all die Hektik und Aggressivität des Originals spürbar machen und ebenso wiedergegeben wurden. Hier scheint - obwohl nicht für diese Spezies verfaßt - das Ideal "Sinfonische Blasmusik" erfüllt, weit stärker als etwa in der Tondichtung "Spartacus" von Jan van der Roost. Nur Einzelteile, auch idyllische Momente kommen vor, sind inspiriert, über längere Strecken aber wird, wie bei ähnlichen Kompositionen üblich, Einfallsarmut durch grelle Trompetenblitze oder durch Paukendonner kaschiert, oder mit sattsam bekannten rhythmischen Gags gearbeitet.
Dem verstorbenen Baßklarinettisten und Vorstandsmitglied Ralph Buchholz widmeten die Musiker die von ungewohnten Taktarten - elf und 13 Achtel - charakterisierte melodiöse Serenade op. 22c von Derek Bourgeois. In der abschließenden Sinfonietta Stuart Johnson's beeindruckte am stärksten das turbulente Marsch-Finale.
Der eigentliche Höhepunkt des Abends aber folgte mit der Zugabe der rassig wiedergegebenen "Candide"-Ouvertüre von Leonard Bernstein. Was hätte dieser Große für die Sinfonische Blasmusik bewirken können, hätte er jemals für sie geschrieben! Das Publikum war buchstäblich "aus dem Häuschen" und bejubelte eine phantastische Ensembleleistung.

© 1998 SBU e.V.

Letzte Änderung am 23.04.98